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Freitag, 25. Mai 2012

Ich war Kind C - Christopher Spry

384 Seiten
Erschienen 2009
Club Bertelsmann

Klappentext:

Mit dem Gesicht zur Wand stand ich da und kniff die Augen zusammen. Ich hörte das teuflische Sirren des Rohrstocks und wusste, was nun kommen würde. Ich stand in dem düsteren Wohnzimmer und empfing meine Strafe. Ein Fensterladen war offen. Der Boden war mit Müll übersät: Plastiktüten voller Kleider, die auf den Teppich quollen, vergilbte Schachteln mit nicht mehr gebrauchtem Spielzeug, alte Decken, ausrangierte Küchengeräte, die nur noch für den Müll taugten….
„Wer sein Kind nie schlägt, der liebt es nicht!“, schrie Eunice.
„Wer sein Kind liebt, der bestraft es beizeiten.“
Sie sagte, sie müsse den Teufel in mir austreiben, um mich für die Apocalypse vorzubereiten, und zitierte Bibelstellen.
Eunice war meine Mutter, und ich nannte sie bis zur Verhandlung auch so: Mutter.

Ich kann unterschiedliche Spülmittelmarken allein am Geschmack voneinander unterscheiden. Ich habe beim Gehen chronische Schmerzen, weil sie eines meiner Knie mit einem Kricketschläger zertrümmert hat. Ich finde nicht leicht Freunde und habe immer noch Schlafstörungen. Ich kann niemals eigene Kinder haben.

Mein Umriss:

Christopher, in einem liebevollem Umfeld aufgewachsen, wird 1992 wegen einer Erkrankung seiner Mutter zusammen mit seinem Bruder Bradley aus der glücklichen Familie gerissen und in die Obhut von Eunice Spry, einer tiefgläubigen Zeugin Jehovas gegeben.
Dort soll Christopher nun mit den beiden leiblichen Kindern von Eunice und zwei weiteren Pflegekindern leben. Für drei von ihnen beginnt ein Martyrium, das für den Großteil der Menschen einfach unvostellbar ist.
Die Pflegemutter lässt die Kinder, nachdem sie diese aus der Schule genommen hat, wochenlang hungern. Sie behandelt sie wie Sklaven, die tagein tagaus zu arbeiten haben. Spuren die Kinder nicht so wie es von ihnen erwartet wird, so folgen bis ans Perverse grenzende Strafen. Irgendwann erkennt Christopher die unterschiedlichen Spülmittel an deren Geschmack, auch der Geschmack von Bleiche und Pflanzenschutzmitteln ist ihm nicht unbekannt. Er weiß, dass Schläge auf die Füsse keine Blutergüsse erzeugen und wie es ist, mit einem Bein an ein Fahrzeug gebunden, mehrere hundert Meter über schroffes Gelände gezogen zu werden. Er kennt das Gefühl einer Spritzennadel, die bis zum Anschlag in den Arm gerammt wird. Hunger und Kälte sind ständige Begleiter in seiner Kindheit und Jugend.
Dass es unter gequälten Kindern keine Solidarität geben kann, erfährt er sehr schnell.
Erst als Lulu, eine der Pfegeschwestern Christophers die Pflegemutter anzeigt, wendet sich das Blatt.
Christopher jedoch ist nicht nur körperlich, sondern auch psychisch für sein Leben gezeichnet.
Trotz allem bezeichnete er diese Frau noch während der Gerichtsverhandlung als Mutter und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er gegen sie aussagte.

Mein Eindruck:

Ein Buch über wenige Jahre eines jungen Lebens, das einen so schnell nicht zur Ruhe kommen lässt. Christopher Spry erzählt über sein Martyrium in den Händen seiner sadistischen Pflegemutter, seiner Hilflosigkeit ihr gegenüber und vor allem seiner Machtlosigkeit, seinen Geschwistern nicht helfen zu können. Warum er nur über seine Vergangenheit schreibt erklärt er damit, dass er diese Zeit sicher anders empfunden und erlebt hat, wie seine Geschwister und diese ihre Geschichten aus eigenem Mund erzählen sollten.
Viele Negativerlebnisse kann er nicht mehr wiedergeben, da er diese in seiner Erinnerung verdrängt hat. Denn wäre er dazu nicht in der Lage gewesen, wäre er wohl an seiner Kindheit zugrunde gegangen. Offen und schonungslos berichtet er über die Strafen, die er zum Teil grundlos über sich ergehen lassen mußte.
Die schockierende Geschichte eines gequälten Kindes, das um seine Kindheit und Jugend gebracht wurde.

Mein Fazit:

Nichts für schwache Nerven, zumal es sich um keine erfundene Geschichte handelt. Aber sicher ein Anreiz die Augen nicht zu verschließen, wenn der Verdacht einer Kindesmisshandlung aufkommt.

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